Mittwoch, 8. April 2020

MUNDSCHUTZ - nähen

Ja,ich auch. Wie so viele von uns Kreativen nähe auch ich seit ein paar Tagen Mundschutze.

Als die ersten Bilder auftauchten - bei mir waren es die meiner Freundin aus Tschechien - war ich etwas verwundert. Das ist doch nur Baumwoll-Stoff, wie soll der denn helfen? Ist doch kein Vlies drin, kein Filter, die muss man bei 95°C waschen…
Aber meine Freundin fragte gleich: "Wie, bei Euch muss man die nicht tragen? Bei uns immer außer Haus; sogar Babys und es kostet bei Missachtung 400 € Strafe."



Hört man bei den Diskussionen um Sinn und Unsinn von Schutzmasken gegen das Corona-Virus genau hin, fällt auf, wer für die Masken spricht und aus welchem Grund, und wer dagegen. Virologen sind größtenteils dafür, Politiker dagegen. Zumindest wenn es um eine Pflicht zum Tragen in der Öffentlichkeit geht. Der Marburger Virologe und Medizinprofessor Stephan Becker, der sich besonders mit Coronaviren auskennt, sagt: „Ich bin ein Fan von Mundschutz und chirurgischen Masken – auch von selbstgemachten“. Die Masken vor dem Gesicht helfen an einem Punkt: „Man schützt andere. Sie bremsen jeden Hustenschwall voller kleiner Tröpfchen. … Wir sind in unserer Gesellschaft das offene Gesicht gewohnt. Mit Maske ist man aber nicht böse oder will sich verstecken. Sie ist ein Signal der Rücksichtnahme.“

Politiker wie Markus Söder, Winfried Kretschmann und Armin Laschet wollen noch immer keine Trage-Pflicht. Doch alle ließen zugleich durchblicken, dass sie befürchten, dass der Mangel an Masken für das medizinische Personal und Pflegekräfte verschärft werde. Andere Politiker halten es für wenig wahrscheinlich, dass die Menschen die Masken korrekt tragen: ohne Lücken über Mund und Nase sowie oft erneuert oder gewaschen. Die Argumente von Befürwortern und Skeptikern der Schutzmasken betonen nur eben verschiedene Aspekte.

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Seit den ersten Berichten, Videos, Posts und Nachrichten dazu sind nur wenige Tage vergangen und inzwischen ist das Thema Mundschutz-nähen megapräsent. Überall. Es gibt Videos und Anleitungen ohne Ende, genauso wie verschiedenste Varianten. Hier einmal die Gedanken, die ich mir dazu gemacht habe und warum ich mich für genau diese Variante entschieden habe:

Der Stoff.

Ich nähe meine Masken aus reinem Baumwollstoff. Nicht zu dick, weil man teilweise bis zu 10 Schichten übereinander legt; das bringt auch gute Haushalts-Nähmaschinen an Ihre Grenzen. Dafür aber dicht gewebt, wie etwa Popeline oder Inlett-Stoff-;zumindest für die Innenseite des Mundschutzes, um eine gewisse Filterwirkung zu erzielen. Meine Stoffe sind hochwertig und mit schönen Designs, denn ich habe einen Sinn für schöne Dinge und muss mich bei all der Notwendigkeit nicht verunstalten. Wer Brille trägt, nimmt ja auch nicht irgendeine Form und Farbe, sondern sagt: Die muss mir stehen und gefallen. Außerdem trage ich den Stoff an der empfindlichen Gesichtshaut. Ich möchte kein Reiben und Kratzen und Reitzungen vermeiden. Elastische Stoffe wie Jersey verlangen nach speziellen Nähnadeln und sind sicher nicht des Anfängers erste Wahl. Trigema, die bekannte Firma für Trikotagen, produziert seit Gesichtsmasken aus elastischem Stoff. Welche auch sonst- es ist deren grundlegendster Arbeitsbereich.




Der Gummi / die Bindebänder.

Grundsätzlich stellt sich die Frage: Bindebänder oder Gummis. Wer die Masken stundenlang und täglich tragen muss, wird zu den Varianten mit Kordeln greifen, um den empfindlichen Bereich hinter den Ohren zu schützen. Die Variante mit Bindebändern ist besonders einfach zu nähen, gerade wenn man vorgefalzten Schrägstreifen verwendet. Für hochwertige und besonders schöne Näharbeiten schneidet man Schrägstreifen 3-4cm breit quer zum Fadenlauf aus dem Stoff, faltet und bügelt oder verwendet spezielle Füße für die Nähmaschine. Das kostet viel Zeit und Material und ist nichts für Anfänger. Sieht aber richtig toll aus! Ich habe als Lehrling Kilometer von Schrägstreifen zusammengenäht und verschnitten…. ich mag nicht mehr an diese strüßige Arbeit denken.
Gummis sind ideal für kurzzeitiges Tragen und frisurfreundlich- gerade in diesen Zeiten, wo wir sorgenvoll auf schwindende Haarschnitte und sich verlierende Frisuren blicken. Das Material ist preiswert, leicht zu verarbeiten- aber zunehmend schwer zu bekommen. Hutgummi als neue Rarität, bunte Gummilitze ein Hit.



Der Filter.

Auch hier scheiden sich wieder die Geister, ob mit oder ohne und wenn ja: welche. Ich nähe meine Masken ohne Filter(tasche). Ich kenne bisher kein käufliches Filtermaterial, dass für eine FFP1, FFP2 oder FF3 Zulassung der Masken ausreicht. Heißt auf gut deutsch: egal, was man als Filter reinsteckt, filtert keine Viren heraus. Im Gegenteil. In den sog. Filtern sammelt sich Feuchtigkeit und sie erschweren die Atmung. Hat sich zudem irgendjemand darüber Gedanken gemacht, dass nicht jede Person auch jede Art von Filter tragen darf? Ja genau: Personen mit Herzfehlern und Asthma sollten beispielsweise mit ihrem Arzt darüber sprechen.

Die Tragedauer / die Reinigung.

Die WHO empfiehlt, Masken zu wechseln, sobald sie feucht sind. Ich gehe davon aus,(!), dass man hier ähnlich mit den Stoffmasken verfahren sollte. Danach sollte man die Maske waschen. Das kurze Auskochen in einem Topf mit Wasser und Waschmittel / Hygienereiniger liegt nahe, da man die „normale“ Wäsche bei 30,40 oder höchstens 60° C wäscht und der benutzte Mundschutz nicht lange herumliegen sollte.

Ist auch Kälte für das Virus schädlich? Nein, die bisher bekannten Coronaviren seien kälteunempfindlich, sagt Experte Andreas Hensel vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Somit können die Viren bei minus 20 Grad bis zu zwei Jahre im gefrorenen Status überleben. (mehr Infos hier: https://bit.ly/2RqgOSq)

Die Verarbeitung.

Dass ich mit meinen ganz persönlichen Ansprüchen an Ausfertigung und fachliche Arbeit recht hoch greife, ist mir bewusst. Es soll auch keineswegs der Maßstab für andere sein, die Masken auf Masse produzieren. Aber ich muss auch dazu mal ein paar Sätze verlieren.

Auch wenn ich heute heute und seit 25 Jahren in einem ganz anderen Bereich arbeite: Ich bin (u.a.!) gelernte Bekleidungs-Näherin. Ich habe 2 Jahre lang die Schulbank gedrückt, um den klassenbesten Abschluss zu machen. Ich habe einen gewissen Anspruch an meine Arbeit und wenn ich etwas nicht kann, dann lasse ich 1. die Hände davon oder 2. übe ich, bis ich es richtig kann. Wenn ich

  • Nähte sehe, die krumm und schief sind
  • Nähte, bei denen die Fadenspannung nicht stimmt
  • Bindebänder nicht gleichmäßig schmal abgesteppt sind
  • Anfang und Ende einer Naht nicht korrekt verstochen sind
  • bunte Stoffe mit weißem Faden genäht werden
  • Falten krumm und schief gelegt sind
dann bekomme ich Gänsehaut. Von diesen hässlichen Reststoffen, die irgendwo schon als Putzlappen lagen, ganz abzusehen. Mal ehrlich: Man setzt doch auch keine hässliche Brille auf oder trägt ein Tuch mit lila Blumen zur Jacke mit grünen Karos. Ich kann das nicht- und ich will es auch gar nicht. Ich verwende hochwertige Stoffe von Robert Kaufmann, Michael Miller, Hilco oder Swafig, ich nehme farblich passendes Nähgarn und wähle schöne farbige Gummis aus - und ich freue mich über das Ergebnis.




Leute, gebt Euch bisschen Mühe- wie das durchaus einige von Euch machen. Und lasst Euch nicht so gehen. Nicht den ganzen Tag in Schlafanzug und unfrisiert herumdösen und bei allem, was man tut, nicht den Anspruch an sich selbst verlieren.

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